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Arbeiten / 2008

land of human rights

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Posterkampagne, rotor, Graz 2008

Integraler Bestandteil des „Land of Human Rights“ ist eine Posterkampagne. Beginnend im September 2007 wird jedes halbe Jahr ein Set von 4 Postern gedruckt, auf denen Werke von KünstlerInnen zu aktuellen Menschenrechtsfragen auf der einen Seite und kurze Texte von MenschenrechtsaktivistInnen, TheoretikerInnen oder von Menschenrechtsfragen direkt betroffenen Personen auf der anderen Seite abgedruckt werden. Ziel der ganzen Kampagne ist es, Menschen über ihre Rechte in Zusammenhang mit den Menschenrechten zu informieren und bei einer breiteren Bevölkerung ein Bewusstsein für aktuelle Menschenrechtsfragen zu schaffen.

 

Text für Posterkampagne „Land of Human Rights“ von Wolf Dieter Narr in collaboration with the Alliance for Dropping the § 129a Charges (Berlin) 2008

Verinnerlichter (Anti-)Terrorismus

Ein neues Gespenst geht um. Das Gespenst wirkt umso gespenstischer, weil es in jeder/m Bürger/in nisten kann. Darum ist Misstrauen gegenüber allem und jeder/m die erste staatssichernde Pflicht.

Nicht wird gefragt, warum das Gespenst auftritt? Wie es zustande kommt? Wie ihm begegnet werden könne? Stattdessen agiert die Bundesrepublik Deutschland exemplarisch: Es wird demokratie-, grund- und menschenrechtlich zu Tode staatsgesichert. Im Zuge der restlos sichernden Menschenerfassung werden Strafrechtsparagraphen der Terroristenhatz à la §§ 129 a und b Strafgesetzbuch im modernen Westernstil herangezogen. Man setzt auffällige und missliebige Personen bei Nacht und Nebel in Untersuchungshaft fest und durchschnüffelt deren Privatsphäre. Die Scheriffs im Wilden Westen schossen bekanntlich zuerst und fragten später.

Das „informationelle Selbstbestimmungsrecht“ jeder Bürgerin/jedes Bürgers, vom Bundesverfassungsgericht 1983 aus Artikel 2 Grundgesetz (Recht auf Integrität) hergeleitet, wird zur Schießbudennorm der aufgeschwemmten staatssichernden Behörden. Die „Stasi“ und ihre graumäusigen Funktionäre würden gelbgrün vor Neid, erführen sie wie technologisch sublim Daten heute überall abgezapft werden, um terroristische Krümmungen präventiv entdeckend zu schaffen. So lenken die staatlichen Instanzen von ihrer Verbrechensproduktion ab. Man betrachte allein die unsägliche „Ausländerpolitik“! Oder Heiligendamm, diese Riesendemonstration im Juni 2007 gegen den unnötigen Verschwendungsgipfel G-8, der auf angeblich „gewaltbereite“ und „terrorismusgeneigte“ Teilnehmende abgesaugt wurde – mit Eingriffsmitteln bis hin zu grundgesetzwidrigen Tornadoflügen.

Unter der Maske der Vorsorge, unter der Tarnkappe bürgerlicher Sicherheit, werden grund- und menschenrechtliche Grenzen überschritten. Äußere Sicherheit staatlich-kapitalistischer Expansion wird mit bürgerlicher Sicherheit gleichgesetzt. Militär und Polizei verschlingen sich. In langen Kämpfen errungene Rechte werden zerrieben. Die körperliche und geistige Unversehrtheit des Menschen im Schutzraum seiner Wohnung wird mit technologischen Finten durchsiebt. Gesetze, dazu da, um bürgerliche Rechtssicherheit zu gewähren, werden zu Ermächtigungsgesetzen unkontrollierter staatlicher Gewaltorgane.

So ist aus dem Gespenst des angeblich überall präsenten Terrorismus die gespenstische Realität staatlichen (Anti-)Terrorismus geworden. Sie widerspricht Demokratie und Menschenrechten. In diesem Sinne ist Ungehorsam erste Bürgerinnen- und Bürgerpflicht.

Wolf-Dieter Narr in Zusammenarbeit mit dem
Bündnis für die Einstellung des § 129 a Verfahrens.

Weitere Informationen unter:
http://einstellung.so36.net
http://annalist.noblogs.org